Donnerstag, 2. Oktober 2014

Täglicher Dienst

Wir folgen seinen Geboten, getreulich, jeden Tag. Schließlich haben wir ja alles nur von ihm. Alles was wir haben, alles was wir sind, alles was bedeutsam ist kommt nur von ihm.

Deshalb unterwerfen wir uns ihm ganz, richten unser Leben auf ihn hin um durch ihn und mit ihm das Leben zu haben und das Leben in Fülle zu haben. Ja, wir geben sogar unsere Pläne unser eigenes Wollen und Meinen auf, geben das hin, was wir für unser Leben halten und bewahren es nicht, damit er uns Leben gibt.

Wir dienen ihm in jeder wachen Minute und auch im Schlaf, treffen Vorsorge, daß wir nicht versäumen seinen Willen zu erfüllen. Nichts in unserem Leben funktioniert ohne ihn, nichts ist schön und nichts ist gut ohne sein Zutun.

Deshalb ist es nur recht, daß wir uns immer und überall zu ihm bekennen, öffentlich und stolz zeigen, wer unser Herr ist. Wie wunderbar hat er hier durch seinen Geist vorgesorgt und uns die heiligen Symbole gegeben, die rituellen Gegenstände der täglichen Verehrung: Kreditkarten, Kontokarten, Kundenkarten, ... Wer sie nicht hat ist ein Ausgestoßener, ein Unberührbarer.
Jede unserer Handlungen ist durchdrungen von seinem Geist, nichts verbleibt, wo er nicht seine Hand im Spiel hat. Ohne ihn hätten wir keine Sonderangebote, keine Schnäppchenreisen, keine nimm-drei-für-eins Aktionen, wir könnten unsere Spenden nicht von der Steuer absetzen und würden nicht in öffentlichen Geberlisten geführt mit Name und Betrag. Wir hätten keine Aktien und keine Sparbücher, keine Bausparverträge, nichts, was unseren Wert in seinen Augen Tag und Nacht vermehrt.

Sein Reich komme, sein Wille geschehe. Unser tägliches Brot gebe er uns heute, mit zehn Prozent Rabatt für Stammkunden. 
Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon. (Mt, 6:24)
Gott hat für jeden von uns einen Namen, der Teufel eine Kundennummer.


Montag, 1. September 2014

Das leere Haus

Wenn der unreine Geist von dem Menschen ausgefahren ist, so durchwandert er dürre Orte und sucht Ruhe; und da er sie nicht findet, spricht er: Ich will in mein Haus zurückkehren, von wo ich ausgegangen bin. Und wenn er kommt, findet er es gekehrt und geschmückt. Dann geht er hin und nimmt sieben andere Geister mit, böser als er selbst, und sie gehen hinein und wohnen dort; und das Ende jenes Menschen wird schlimmer als der Anfang.
(Lk 11, 24-26, Elberfelder Bibel, von www.bibleserver.com)


Ich hatte das nie wirklich verstanden. Sollte es denn wirklich sinnlos sein seine Dämonen los zu werden? Kommen Sie denn wirklich immer wieder und noch sieben schlimmere mit ihnen. Etwas hatte ich dabei stets übersehen. Der Geist kehrt zurück und findet das Haus gekehrt und geschmückt. Der Hausherr war so froh, daß der Geist weg ist, er sich gleich um das Haus gekümmert hat und es hübsch gemacht. Verständlich. Aber dafür ist ein Haus nicht da. Man soll darin wohnen, arbeiten, feiern, Gäste beherbergen - man soll es nutzen. Dabei bleibt nicht immer alles sauber und ordentlich. Hübsch und adrett geht nur, wenn man das Haus leer lässt. Wenn der Geist aber zurückkommt und das Haus mit guten Geistern darin vorfindet, bewohnt und belebt, dann werden er und die sieben anderen sich auch wieder trollen.

Mittwoch, 14. Mai 2014

Erde

Rette mich doch Herr und hebe mich heraus aus der Erde.
Die Erde ist nötig, mein Kind, und, dass Du darauf stehst. Hab Vertrauen - Du wirst erhöht werden, schon bald.

Donnerstag, 7. November 2013

... und stieg auf einen Baum ...

Dann kam er nach Jericho und ging durch die Stadt. Dort wohnte ein Mann namens Zachäus; er war der oberste Zollpächter und war sehr reich. Er wollte gern sehen, wer dieser Jesus sei, doch die Menschenmenge versperrte ihm die Sicht; denn er war klein. Darum lief er voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus zu sehen, der dort vorbeikommen musste. Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und sagte zu ihm: Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein. Da stieg er schnell herunter und nahm Jesus freudig bei sich auf. Als die Leute das sahen, empörten sie sich und sagten: Er ist bei einem Sünder eingekehrt. Zachäus aber wandte sich an den Herrn und sagte: Herr, die Hälfte meines Vermögens will ich den Armen geben, und wenn ich von jemand zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück. Da sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist. Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.
(Lk 19,1-10, Einheitsübersetzung)
Diese Stelle hat mich eigenartig berührt. Er stieg auf einen Baum! Er hat sich nicht vorgedrängt, er hat nicht gebetet, er hat kein Opfer dargebracht, er hat kein Almosen gegeben, er hat nicht geschrien und gelärmt, nein, er stieg einfach auf einen Baum weil er Jesus sehen wollte. Eine völlig vernünftige und praktische Handlungsweise! Alles andere kam danach, das Verschenken der Hälfte seines Vermögens, die Wiedergutmachung von angerichtetem, all das ist wichtig und richtig, aber am Anfang stand, daß er Jesus sehen wollte und dann, danach kam alles andere. Und er wollte Jesus wohl wirklich sehen, denn er ist nicht zu Hause geblieben und hat gewartet, daß vielleicht ein günstiger Moment kommt, er hat nicht die Menschenmenge gesehen - alle größer als er - und hat sich seufzend abgewandt weil er ihn ja doch nicht sehen würde, weil die anderen ..., er hat sich auch nicht hingesetzt und gesagt, daß, wenn Jesus will, daß er ihn sieht, er sich ihm auch zeigen werde sondern er ist losgelaufen und auf einen Baum geklettert. Und Jesus zu sehen, einfach nur zu sehen, hat sein Leben völlig umgekrempelt.
Wir machen es uns oft viel zu kompliziert. All das Brimborium mit Gebeten, Messen, Fasten- und Festzeiten, die Riten, Lesungen, Opfer, Studium der Schrift und der Tradition, die Lehre und das Gesetz und wasweisichdennwasnochalles, all das ist gut und wichtig und richtig, aber es kommt erst danach. Almosen zu geben, Menschen zu helfen, mitfühlend zu sein und mitleidend und den Nächsten zu lieben ist sogar noch viel wichtiger aber auch das kommt erst danach. Am Anfang steht der Wunsch Christus zu sehen. Es funktioniert einfach nicht, daß man zu tun beginnt und dadurch Christus findet. Umgekehrt aber wird uns, wenn wir nur Gott suchen, ihn wirklich sehen wollen, all das dazugeschenkt, kommt von selber. Davon bin ich überzeugt. Den Jungfrauen, die kein Öl mitgenommen hatten, sind ihre Lampen zu nichts nutze. Sie haben zwar brav gewartet und auch das Gerät bei der Hand, aber das wichtige haben sie vergessen. So ist es auch hier. Alles Wissen, alles Tun, alle Bücher, alle Gebete, alle guten Taten und sogar die Sakramente sind zwar immer noch was sie sind, aber zu nichts nutze ohne das wichtigste, das eigentliche, Christus. Bestenfalls taugen sie als "Trockenübung". Dann aber wird man eben doch einmal auf einen Baum steigen müssen. Wenn man sich das traut.

Dienstag, 25. Juni 2013

Unbegreiflich

Was ist erstaunlich daran, nicht zu begreifen? Denn wenn du begreifst, ist es ja nicht Gott
(Augustinus)

Montag, 10. Juni 2013

Kennst Du Jesus?

Kennst Du Jesus?
Eine Frage, mit der zumindest ich eigentlich am ehesten freundliche Leute verbinde, die an meine Türe klingeln und mir mehr oder weniger gelungene Broschüren dalassen wollen. Es ist aber auch eine Frage, die ich mir jetzt selbst gestellt habe. Kenne ich Jesus? Wirklich?
Wann kenne ich jemanden? Ich treffe jeden Tag viele Menschen, mit manchen spreche ich länger oder kürzer, meistens beruflich doch indes manchmal auch privat. Von einigen davon würde ich behaupten, daß ich sie kenne. Ich weiß von der Kollegin, was sie in ihrer Freizeit macht, wie sie ihren Tee trinkt, welche Bluse sie zu welcher Hose gerne anzieht. Ich kenne ihre Art zu sprechen, sich zu bewegen und wie sie, vermutlich nicht gerade ergonomisch korrekt, mit einem untergeschlagenen Bein auf ihrem Bürostuhl sitzt. Wenn ich sie sehe kann ich auf einen Blick abschätzen, wie ihre Laune ist, ob es ihr gut geht oder nicht. Ich kenne sie.
Ich kenne auch ganz abstrakte Personen. Ich kenne Gregor Samsa aus Kafkas Verwandlung. Ich habe ihn bei der Lektüre des Buches kennengelernt ohne ihm als körperliche Person, die er ja nicht ist, je begegnet zu sein. Ich kenne Tom Sawyer und Huck Finn, ich kenne Granny Weatherwax und Nanny Ogg von Terry Pratchetts Scheibenwelt, ich kenne Dostojevskijs jungen Fürst Myschkin, diesen klugen Idioten, ich kenne Cyrano (die Figur, nicht den realen) und seine hilflose Liebe zu der schönen und klugen Roxane. All diese Personen kenne ich, manche besser, manche weniger gut. Ich weiß, ob sie mir sympatisch sind, ich weiß genug über sie um mir ausmalen zu können, wie sie in einer bestimmten Situation reagieren würden (außer vielleicht Granny Weatherwax, aber die ist auch ein besonderer Fall). Ich kenne sie als Person, als Gegenüber. 
Nun stellt sich die berechtigte Frage: Kenne ich Jesus? Sicher nicht in dem Sinn, in dem ich alle die vorher genannten Personen kenne. Weder bin ich ihm von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, noch vermag ich aus der Heiligen Schrift und der Überlieferung ein derartiges Persönlichkeitsbild abzuleiten. Wer ist er eigentlich? Der Sohn Gottes! Aha, schön. Sehr hilfreich. Der Messias, der Erlöser! Ja, schon klar, habe ich vom Kindergarten an gehört, glaube ich auch, aber was sagt mir das über ihn als Person? Wenn er mir auf der Straße begegnete, würde ich ihn erkennen? Wenn er mit mir spricht, würde ich überhaupt bemerken, wer er ist? Oder würde mir, wie den Emmausjüngern, erst wenn er das Brot bricht die offensichtliche Wahrheit ins Auge und ins Herz springen?
Es heißt, man soll Gott lieben, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit all seiner Kraft und all seinen Gedanken. Wie liebt man aber jemanden, den man überhaupt nicht kennt, den man vermutlich nicht erkennen würde, wenn er einen in den Allerwertesten tritt. Es heißt, man kann Jesus in der Eucharistie begegnen. Nun glaube ich tatsächlich an die Realität der Wandlung, ich glaube mit aller Kraft, daß da nicht Brot und Wein mehr vor uns sind, aber ich muss trotzdem fragen: Ernsthaft? Das soll helfen Jesus kennenzulernen? Ich kenne doch jemanden nicht, wenn ich seinen Leib und sein Blut ansehe oder esse. Es heißt, man begegnet Jesus in den Menschen, in den Gliedern seines Leibes, in jedem einzelnen. Nun, dann muss ich blind sein. Ich sehe die Menschen, ich sehe sie miteinander, aber meistens vollauf mit sich selbst beschäftigt. Ich sehe sie dem nächsten Schmarrnphone, den nächsten Musikvideo, der nächsten absurden Freizeitbeschäftigung nachjagen, das nächste lächerliche Werkzeug für diese Beschäftigung kaufen um eine Industriemaschinerie zu füttern bei deren Anblick Aldous Huxley sein Manuskript zu Brave New World als obsolet und überholt vernichten würde. Und ich denke mir: Ernsthaft jetzt, das ist Christus? Aber vielleicht ist die Straße der falsche Ort anzufangen. Vielleicht sucht man besser zuerst zu Hause (nicht bei mir zu Hause sondern im Haus Gottes, in der Kirche). Vielleicht reicht es, wenn ich sage, daß ich mir bei den Menschen da auch schwer tue, sowohl bei den einzelnen als auch in ihrer Gesamtheit. Zum Glück ist die Kirche selbst etwas viel größeres als die Summe ihrer Teile und kann nicht einmal durch uns ruiniert werden, aber der Grund dafür ist bestimmt nicht, daß wir es nicht versuchen. Wenn ich diese Bande an Selbstdarstellern, selbstberufenen Superheiligen, Alles-für-sich-Vereinnehmern, Besserwissern, Streithanseln, Schandmäulern, Cliquenbildnern, Kirchenpolitikern, Intriganten, Machtmenschen und spiritistischen Pseudo-Charismatikern ansehe, dann erkenne ich einzig das Wunder, daß es die Kirche noch immer gibt. Um Irrtümern vorzubeugen: Ich nehme mich da jetzt nicht aus. Ich schwankte selbst irgendwo zwischen hoffnungsvoll selbstberufenen Heiligen und eingebildetem Charismatiker und musste erkennen, daß ich keines von beidem bin. Jetzt bin ich vermutlich am ehesten bei den Besserwissern einzureihen, was auch nicht hilfreich ist, weil ich es einfach nicht besser weiß. Ich habe doch in Wirklichkeit keine Ahnung von irgendwas was mich schon wieder zum Besserwisser macht, weil diese glorreiche Erkenntnis ja so ganz super toll ist. Sicher kann niemand in mir Christus erkennen was aber daran liegt, daß ich Christus nicht kenne. Darauf läuft es letzten Endes immer hinaus. Ich kenne ihn nicht. Ich kann nicht zu jemandem hingehen und mir vornehmen nicht zu wissen außer Christus und zwar als den gekreuzigten, denn dann würde ich überhaupt nichts wissen. Wenn ich aber alles Wissen der Welt  und alle Weisheit habe und Christus nicht kenne, dann weiß ich nichts, wenn ich aber nichts weiß außer Christus, dann weiß ich genug. Das ist wahr. Ich spüre in der Tiefe meiner Seele und meines Herzens, daß das wahr ist. Und, daß ich nichts weiß und sicher nicht genug.